Das Cinnamon-Projekt aus vereinlicher Sicht

von Edda Delank

erschienen in "Katzentatzen" 3/2006
   

Als Frau Raymonde Harland im Juni 2001 den Antrag stellte, innerhalb des BEC e.V eine Verpaarung von Neva Masquarade mit Somali sorrel vorzunehmen, um die Farbe cinnamon (=sorrel) in die Neva-Zucht einzuführen, war dies keine Überraschung. Selbstverständlich hatte sie zuvor das Gespräch mit dem Vorstand gesucht, die Möglichkeiten und Wege abgeklärt und nicht zuletzt auch die Chance auf eine mögliche Befürwortung.

Mit dem Antrag hat sich Frau Harland dem strengen Reglement durch ihren Verein unterstellt, mit dem eine solche Rassekreuzung begleitet und überwacht wird, ein Instrumentarium, dass genau so in anderen Vereinen zur Verfügung steht.

Im Laufe der Zucht von Rassekatzen hat es derartige Experimentalzuchten immer wieder gegeben. Nicht immer war es dabei offensichtlich, ob eine neu entstandene Varietät zufällig oder durch menschlichen Eingriff zustande gekommen ist. Wie kam z.B. das Langhaargen in die Abessinier und machte daraus eine Somali? Denken wir ebenso an alle anderen Halblanghaarausgaben von Kurzhaarkatzen. Wie kam die angebliche Naturrasse Sibirische Katze zu einer Pointvariante? (Anmerkung: Was ist eigentlich in diesem Zusammenhang mit Naturrasse gemeint? Nach meinem Dafürhalten hat sich eine Rasse von der Natur entfernt, sobald Menschen sich ihrer züchterisch annehmen. Allenfalls die Wildkatze würde ich als Naturrasse bezeichnen. Diese weist Agouti auf, ist ohne Weiß, ohne Silber, ohne Points.) Viele neue Outfits sind unter anderem bei der Abessinier und Somali durch Rassekreuzungen eingeführt worden: Verdünnung, Silber, geschlechtsgebundenes Rot und Schildpatt. Die Aufzählung könnte beliebig fortgeführt werden.

Wie auch immer manche Neuerungen zustande gekommen sein mögen, eine offizielle Vorgehensweise, geplant, zielgerichtet, von einem Verein reglementiert, vom Züchter und seinem Verein offengelegt, erscheint mir allemal einem "gewollten" Zufall vorzuziehen.

Dem Antrag Frau Harlands ist nach intensiver Diskussion innerhalb des BEC-Vorstands, der sich darüber hinaus mit versierten Mitgliedern und Vereinen beraten hat, stattgegeben worden. Als Somalizüchterin, nicht als 1.Vorsitzende, das ist kein Geheimnis, stand ich dem Plan eher kritisch gegenüber. Dieser rein persönliche Vorbehalt hatte selbstverständlich hinter den Sachargumenten zurückzustehen. Letztlich war es dann wieder ein Vorteil, dass ich über einiges Insiderwissen über die Somali verfüge und von dieser Seite aus auf Abklären möglicher erblicher Belastungen des Projekts dringen konnte.

Die Zustimmung des BEC-Vorstands konnte auch deswegen einstimmig ausfallen, weil Frau Harland uns als langjährige und genetisch bewanderte Züchterin bekannt war, ihren Antrag schlüssig begründet und das geplante Vorgehen detailliert sowie in jeder Hinsicht vertretbar vorgegeben hatte. Frau Harland war darüber hinaus mit allen Auflagen des BEC einverstanden und erwies sich damit als höchst kooperativ, was das Projekt auf eine solide Basis stellte.

Wie sehen die Auflagen von Seiten des Vereins bei einer Rassekreuzung aus?:

1. Rassekreuzungen werden nur dann vom Vorstand genehmigt, wenn sie einem gut durchdachten und geplanten Zuchtziel dienen.

2. Die Zuordnung der Jungtiere erfolgt durch 2 Richter während einer Ausstellung, ab einem Alter von 6 Monaten.

Bis dahin werden sie im Experimentalstammbuch als "andere Kurzhaar/Halblanghaar/Langhaar" mit Experimentalstammbaumnummer geführt.

3. Die einer Rasse zugeordneten Tiere müssen mit "Vorzüglich" bewertet werden, um zur Weiterzucht innerhalb der Rasse eingesetzt werden zu können und einen Stammbaum unter der zugeordneten Rasse zu erhalten. Die RIEX-Stammbaumnummer bleibt allerdings bestehen.

(Nach einer Fremdeinkreuzug erhalten die Tiere der 3 nachfolgenden Generationen stets RIEX-Nummern.)

Diese Richtlinien sollen sicher stellen, dass nach Fremdeinkreuzungen keine nicht standardgemäße Katze in die Zucht geht unter der Bezeichnung einer anerkannten Rassebezeichnung.

Ich möchte einmal diesem geschilderte Verfahren das gegenüberstellen, was außerhalb einer solchen Experimentalzucht, sozusagen in einer "Normalzucht" geschieht:

Züchter X züchtet z.B. Somalis, hat einen Wurf, macht eine Wurfmeldung und gibt als Rasse der Jungtiere und Eltern "Somali" an. Er bekommt daraufhin automatisch reguläre Stammbäume mit der Rassebezeichnung "Somali", obwohl möglicherweise Kitten aus dem Wurf während einer Ausstellung ein "SG" bekommen würden wegen erheblicher Mängel, somit also dem Standard der Somali in keiner Weise entsprechen.

Ich denke, an diesem Beispiel wird deutlich, dass eine Experimentalzucht eine anspruchsvolle Aufgabe ist. Hier passiert nichts automatisch, alles wird kritisch hinterfragt und hochoffiziell beobachtet. Sie erfordert viel Wissen, Langmut und eine glückliche Hand.

Bei Frau Harland und ihren Co-Züchtern scheint dies alles zusammengetroffen zu sein:

Das Vertrauen, dass der Verein in die Arbeit von Frau Harland gesetzt hat, ist im Verlauf der 5 Jahre bis zur offiziellen Vorstellung der ersten Katzen zur Rassebestimmung nicht enttäuscht worden. Sie hat alle Auflagen eingehalten, anfängliche massive Anfeindungen mit bewundernswerter Geduld ertragen, obwohl die sintflutartig im Internet verbreiteten Kommentare erschreckend unsachlich, teilweise diskriminierend waren und gelegentlich nicht vor ernst gemeinten Drohungen zurückschreckten.  Desto mehr hat es mich gefreut, dass dies Projekt von vornherein vom Glück begleitet wurde und schließlich allen Befürchtungen "wohlmeinender" Kritiker zum Trotz zum gewünschten Erfolg geführt wurde.

Frau Harland und ihre Co-Züchter haben auch in anderer Hinsicht Geduld bewiesen und sich mit der Rassebestimmung von bisher 3 Tieren fünf Jahre Zeit gelassen, um ganz sicher zu gehen, dass der Sibirertyp bereits wieder zufriedenstellend gefestigt ist.

Am 10.Juni diesen Jahres, während der BEC-Ausstellung in Hamburg-Farmsen, wurden folgende Katzen aus der F3-Generation zur Rassebestimmung vorgestellt:

Boreijka of Ramsescats
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cl.torbie, weiblich
geb.29.07.2005
Zuchtbuchnummer 209242 RIEX
Besitzer: G.Ramseger

 

Benisha of Ramsescats
black
cl.torbie, weiblich
geb.29.07.2005
Stammbaumnummer 2109241 RIEX
Besitzer: M.Schröder

Frau Gremmel und Frau Krediet, beide als erfahrene und kritische Richterinnen bekannt, waren dazu auserkoren und bereit.

Nach ausgiebiger Beratung und Prüfung wurden beide Katzen ohne Einschränkung als "Sibirische Katzen" eingestuft und erhielten ein "Vorzüglich", Benisha das CAC, die Schwester das V2.

Das für Züchter und Besitzer gleichermaßen aufregende Ereignis wurde vom Zuchtwart des BEC begleitet und von der 1.Vorsitzenden protokolliert.

Ich gratuliere insbesondere Frau Harland, aber ebenso herzlich den für das Vorhaben unentbehrlichen Mitzüchtern, zu diesem Erfolg, auf den alle mit Recht stolz sein können.

Aller Missgunst zum Trotz ist es gelungen, gesunde, typgerechte Sibirer zu züchten und dabei das Farbspektrum der Rasse um eine neue Farbe zu bereichern. Über Sinn und Unsinn von Cinnamon und Fawn in der Sibirischen Katze darf man gerne unterschiedlicher Meinung sein, sollte aber akzeptieren, dass der Rasse während der fünfjährigen Arbeit nichts Negatives hinsichtlich Gesundheit und Standard zugefügt wurde.

Weil das so ist, kann Frau Harland, können ihre Mitzüchter, kann der BEC-Vorstand mit gutem Gewisen hinter diesem Erfolg stehen. Dies würde ich mir ebenso von informierten BEC-Mitgliedern wünschen.

Natürlich ist das Ergebnis der Rassebestimmung nur ein Schritt auf einem langen Weg, wenn auch ein wesentlicher. Die Arbeit geht weiter, nun jedoch in der beruhigenden Gewissheit: Die Richtung stimmt.

Falls es über meinen Bericht hinaus noch Fragen geben sollte, stehen Frau Harland und ich gerne zur Beantwortung zur Verfügung.