Wie erziehe ich einen Menschen Teil 3

erschienen in "Maine-Coon-first"

Zurück zuTeil 1 Zurück zu Teil 2
Zu den andern Artikeln Zu Teil 4

Gutes Essen

Was magst Du am Liebsten? Krabben, wenn möglich frisch? Kalbsleber? Lachsrogen oder echten Kaviar? Du kannst alles haben, wenn Du es richtig anstellst. Gewiss sind diese Dinge teuer, aber wenn Deine Menschen sie für sich kaufen, warum nicht auch für Dich?

hobbit2.jpg (20874 Byte)

Kalbsleber zum Beispiel ist das herrlichste Essen, bis du einmal Hühnchenleber probiert hast. Es gibt aber noch etwas Besseres: Gänseleber aus Frankreich. Es ist das teuerste Essen, nach Kaviar, und wenn Du es gekostet hast, schmeckt Dir keine andere Leber. Ich glaube, Du hast schon verstanden, was ich sagen will: sei anspruchsvoll und gebe Deinen Menschen stets das Gefühl, dass Du genau weißt, dass es immer noch etwas Besseres gibt. Um so mehr Mühe werden sie sich geben, Dich zufrieden zu stellen.

Allerdings musst Du zunächst kämpfen. Von allein fliegen Dir keine gebratenen Hühner ins Maul und Du wirst ewig mit Billigmarken aus dem Supermarkt abgespeist. Es wird nicht leicht sein und Du wirst Hunger leiden und verzweifelt sein. Aber jeder Hungerstreik dient einem guten Zweck. Wenn Du eisern bist, wirst Du siegen!

Wenn Du Pech hast, hast Du Menschen erwischt, die Bücher gelesen haben, in denen behauptet wird, dass noch keine Katze am vollen Futternapf verhungert ist. Das macht die Sache etwas schwieriger, aber nicht aussichtslos. Vergesse nie, dass die Menschen stolz darauf sind, mit einer charakterstarken und einmaligen Katze zusammenzuleben, die eben einfach anders ist, als im Lehrbuch beschrieben. Dies ist einer Deiner Trümpfe!

hobbit.jpg (25908 Byte)

Am leichtesten sind Menschen zu behandeln, die nichts wissen, und der richtige Zeitpunkt, mit ihrer Erziehung zu beginnen und Deine Wünsche klarzumachen, ist gleich zu Anfang. Sie sind dann noch überwältigt von der Ehre, die Du ihnen erweist, indem Du in ihrem Haus bleibst. Dass Du Sahne magst, wissen die Menschen von alleine, leider wollen sie sie nur in ganz kleinen Portionen herausrücken, denn sie haben Angst davor, Dir Bauchgrimmen zu bescheren. Bist Du noch jung, so verträgst Du Sahne und kannst ohne Gefahr Deine Menschen dazu bringen, Dir die Sahne zu geben und selber nur Milchpulver in den Kaffee zu schütten. Mit fester Nahrung ist das etwas anderes. Hier werden unwissende Menschen Dir alles Mögliche von Essensresten bis zu Billigdosen vorsetzen. Manche Katzen fressen ja tatsächlich dieses Zeug, aber Du brauchst das nicht zu tun.

Menschen sind im allgemeinen sehr lernfreudig. Nehmen wir an, sie haben Dir etwas hingestellt und warten jetzt leutseelig darauf, dass Du Dich darauf stürzt. Tu es nicht! Geh hin, schnuppere ein- oder zweimal, steck Deine Nase überall in den Teller, als ob Du versuchen würdest, den einzig essbaren Krümel darin zu finden, probier eventuell sogar ein winziges Stück. Dann schau ihnen einen Moment lang voll ins Gesicht. Du brauchst keinen Ton zu sagen, Dein Ausdruck sagt es ganz klar: "Das soll ich essen? Es ist euch doch nicht ernst?" Geh weg. Geh in eine Ecke oder auf den Sessel, den Du erobert hast. Sie werden Dich locken. Geh. Du bist schließlich guten Willens. Wiederhole Deine Vorstellung. Dann hast Du ihnen bewiesen, dass Du ihnen ja gerne helfen würdest - aber davon bekommst Du nun mal keinen Bissen runter. Bei den meisten Menschen ruft das sofortige Panik hervor, fieberhaft überlegen sie, was sie Dir ersatzweise anbieten können. Nur ganz hartnäckige Fälle denken zunächst, Du könntest ganz einfach keinen Hunger haben. Doch nachdem das unzumutbare Futter ein paar Stunden unberührt steht, beginnen auch diese Menschen, sich Sorgen zu machen.

lolli.jpg (25873 Byte)

Vielleicht machen sie jetzt eine Dose Thunfisch auf. Das ist keine schlechte Abwechslung, aber möchtest du in Zukunft von Thunfisch leben? Du kannst ein halbes Stück fressen, doch dann musst Du Dich abwenden. Wenn Du aber von Anfang an Deine Ernährungswünsche klarmachen willst, rührst Du den Fisch nicht an. Jetzt sind Deine Leute wirklich beunruhigt über Deinen Mangel an Appetit und wollen das Rätsel auch lösen. Wenn sie eine Vorratskammer haben, fangen sie jetzt an Dosen zu öfffnen: Sardinen, japanische Krabben, Hummerschwänze, roten Kaviar, Leberpastete, Sardellen. Such aus, was Du willst, und mach damit klar, dass dies dein Hauptgericht sein soll, nebst den Sachen, die auch noch gerade so in Frage kommen. Mit Fleisch verfährst Du genauso. Wie willst Du es haben? Roh, gehackt? In Butter gebraten? Besondere Fleischteile? Mit Knochen oder ohne? Es liegt an Dir, dies genau anzugeben. Die Menschen werden Dir jetzt dankbar für jeden Hinweis sein. Hast Du die erste Schlacht gewonnen, ist alles andere ein Kinderspiel.

Manche Menschen versuchen stärker zu sein, sie lassen Dich eventuell tagelang vor dem Napf mit ungenießbarem Zeug sitzen. Sei stärker! Weigere Dich, weigere Dich, weigere Dich - und wenn Du fast verhungerst. Du kannst Deine Schwäche ruhig übertreiben - irgendwann werden sie weich, denn Menschen sind schwächer als wir. Wir waren Katzen, als noch nie jemand von Menschen gehört hatte. Und wenn der letzte Mensch der Erde sich in die Luft gesprengt hat, werden wir immer noch Katzen sein!

Spätestens, wenn ein Mensch zu dem anderen sagt:" Du und Dein verdammtes Buch über Katzenhaltung! Ich kann das nicht mehr mit ansehen, ich halte den vorwurfsvollen Blick nicht mehr aus" dauert es nicht mehr lange, bis sie zum Schlachter laufen um endlich etwas Gutes zu besorgen.

Eigentlich tust Du den Menschen wieder mal einen Gefallen, den wenn Sie in einer Gesellschaft zum Besten geben: "Meine Katze frisst nur frische Miesmuscheln mit geriebenen Cashew-Nüssen" sind sie absoluter Mittelpunkt.

leonard.jpg (39259 Byte)

Kleine Happen vom Tisch

Willst Du Deine Menschen daran gewöhnen, Dir regelmäßig von Tisch kleine Happen zukommen zu lassen, musst du direkt vorgehen.

Am Anfang schwören sich die Menschen: kein Füttern bei Tisch. Gewöhnlich erlassen Männer dieses Gesetz über die Frau und die Kinder. Mache nun nicht den Fehler, Frau und Kinder anzubetteln und dadurch das Gesetz zu umgehen. Geh direkt auf den Herrn des Hauses los. Hast Du einmal seinen Willen gebrochen und erreicht, dass er Dir heimlich etwas zukommen lässt, musst Du nur noch dafür sorgen, dass der Rest der Familie das mitbekommt.

Fang nicht sofort an zu Betteln, zunächst befolge das Gesetz, das schmeichelt dem Mann und wiegt ihn in trügerischer Sicherheit. Warte bis er besonders gut gelaunt am Tisch sitzt und streiche ihm dann um die Knöchel. Ganz automatisch wird er herunterlangen und Dir den Kopf tätscheln. Wenn Du nun ein bisschen an seinem Finger leckst, so hast Du ihn für den nächsten Schachzug aufgeweicht.

Jetzt setze Dich ganz still neben ihn, ohne dass die übrige Familie es bemerkt. Schau nur zu ihm auf. Du bist ganz artig und bettelst gar nicht, Du achtest sein Gesetz, das schmeichelt ihm. Du hast ja nur Sehnsucht nach seiner Gesellschaft und vielleicht rufst Du sogar das Gefühl bei ihm hervor, ihm widerfahre durch Deine Avancen besondere Ehre.

Jetzt wähl Deinen Platz und Deinen Leckerbissen, irgend etwas besonders gut duftendes, das er gerade isst. Und wenn er einmal freundlich zu Dir hinunterschaut, gib ihm das stumme Miau.

myonlytiger.jpg (47969 Byte)

Niemand außer ihm bemerkt etwas und er läuft keine Gefahr sein Gesicht zu verlieren. Jetzt habt ihr ein gemeinsames Geheimnis. Warte. Sei bloß nicht hastig. Wenn eure Augen sich wieder begegnen, gib ihm ein weiteres stummes Miau, schau unendlich sehnsüchtig drein, beobachte seine Reaktion. Hat er verstanden?

Jetzt musst Du all Deine Tapferkeit zusammennehmen und den Tisch verlassen. Schleiche unendlich traurig auf Deinen Lieblingssessel und schließe mit einem langen Seufzer Deine Augen. Jetzt kommt er sich wie ein sehr, sehr schlechter Kerl vor. Er weiß, Du hättest gern ein Stückchen gehabt, er hat Dir nichts gegeben. Warum? Wegen dem blöden Gesetz! Aber wer hat das Gesetz erlassen? Er! Wer kann das Gesetz aufheben? Er! Ahnst Du, welch Verwirrung Du in seinem Herzen angerichtet hast?

Vor dem nächsten Zug, warte ein paar Tage, bis etwas besonders Feines auf den Tisch kommt: Huhn, Fasan oder Wachteln (ich nehme an, Du bist so schlau, nur einen Haushalt zu erobern, indem so etwas serviert wird).

Wiederhole die Vorstellung und nach spätestens dem zweiten stummen Miau hast Du ihn soweit. Ein sanfter Stupser ohne Krallen natürlich unterstreicht die Wichtigkeit Deines Anliegens. Du bist ganz sanft - aber Du kannst Dich kaum beherrschen. Jeden Bissen schaust Du ihm jetzt in den Mund. Das versagt selten. Endlich fühlt er sich so als Schwein, kleinlich, engherzig, gierig, geizig, weil er einer kleinen, schwachen vollständig von ihm Abhängigen ein winziges Stück Leckeres vorenthalten hat.

Verstohlen kommt etwas über den Tellerrand gekippt. Jetzt nur nicht gierig zuschnappen. Nimm sein Geschenk sanft und zärtlich von seinen Fingern und vertilge es lautlos. Euer kleines Geheimnis ist bei Dir sicher.

Früher oder später ertönt doch der Ruf:" Hast Du der Katze was vom Tisch gegeben?" Je nach Temperament wird er antworten: "Ich hab sie nur mal kosten lassen" oder "Schließlich ist es meine Katze, nicht?". Dir kann das egal sein, denn von nun an füttern Dich alle vom Tisch!

Fortsetzung Teil 4